Laudatio und Danksagung

 

Laudatio auf Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reimar Lüst, Hamburg,
anlässlich der Verleihung der Joachim Jungius-Medaille.

Von Prof. Dr. Kurt Pawlik, Hamburg

Sehr verehrter Herr Kollege LÜST, meine sehr geehrten Damen und Herren:

Gemäß Satzung verleiht die Joachim Jungius Gesellschaft der Wissenschaften die Joachim Jungius Medaille "Zur Würdigung herausragender Leistungen in Wissenschaft und Forschung". Vorstand und Mitgliederversammlung beschlossen, Ihnen die Joachim Jungius Medaille zu verleihen. Unsere Gesellschaft will damit auszeichnen, dass Sie in besonderer und herausragender Weise als Wissenschaftler gewirkt und das internationale Ansehen der deutschen Wissenschaft vermehrt haben.
Sie haben der Wissenschaft ein Leben lang gedient, als Forscher und Lehrer, als Direktor eines Max-Planck-Instituts und als Wissenschaftsmanager. Sie wurden schon früh durch Ihre wissenschaftlichen Arbeiten über Magneto-Hydrodynamik, Plasma-Physik und extraterrestrische Physik international bekannt. Dies verschaffte Ihnen Einladungen auf Gastprofessuren für Mathematik an der New York University sowie am MIT in Cambridge (USA), außerdem eine Gastprofessur für Aeronautik und Astrophysik am Caltech (California Institute of Technology) in Pasadena. 1963 wurden Sie im Alter von 40 Jahren Direktor des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik in München, dem Sie über zwei Jahrzehnte vorstanden. Daran schloss sich eine bald ebenso lange und überaus erfolgreiche Tätigkeit in der internationalen Wissenschaftsorganisation an.
Anläßlich Ihrer Verabschiedung als Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung im Jahre 1999 wurden Sie in der Presse als ein Kapitän der deutschen Wissenschaft gewürdigt. Es sind große Schiffe, die Sie geführt haben, und Hamburger wissen, wie schwer und wichtig das ist.
Sie haben mit Ihrem Wirken deutlich gemacht, welche Bedeutung die Kapitäne und ihre geistigen Kinder für den Fortschritt der Wissenschaft besitzen.
Schon 1961, bei der Gründung der Europäischen Weltraumorganisation ESRO (European Space Research Organisation) wurden Sie als deutsches Mitglied nominiert und in die Pflicht genommen. Der Eintritt in die ESRO leitete Ihren Wechsel vom forschenden Wissenschaftler zum forschungskoordinierenden Wissenschaftsmanager ein, und schon bald übernahmen sie eine Kapitäns-Rolle. 1962 wurden Sie zum wissenschaftlichen Direktor der ESRO ernannt, und von 1984-90 waren Sie Generaldirektor bei ihrer Nachfolgerin ESA (European Space Agency). Es ist maßgeblich Ihnen mit zu verdanken, wenn die Europäer heute international gleichberechtigte und erfolgreiche Partner in der Weltraumforschung sind, und deutsche Wissenschaftler Kernkomponenten zur Ausstattung von Sonden mit Meßgeräten beitragen. Nur durch die erfolgreiche Überwindung der Anfangsschwierigkeiten war dies möglich.
Sodann waren Sie viele Jahre lang im Wissenschaftsrat tätig. Kein Großprojekt, vom Bau eines Gebäudes bis zur Anschaffung großer Meßgeräte, wird ohne Begutachtung durch den Wissenschaftsrat gefördert. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats spielten auch eine wichtige Rolle bei politischen Entscheidungen, insbesondere dem Ausbau des deutschen Hochschulwesens in den 70er Jahren. Sie wurden 1965 zum Mitglied des Wissenschaftsrats gewählt, und übernahmen schon vier Jahre später den Vorsitz.
Ihr nächstes großes Schiff war die Max-Plack Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Sie waren von 1972-84 ihr Präsident. Die Max-Planck Gesellschaft ist bis heute die erfolgreichste Trägerin wissenschaftlicher Forschung in Deutschland, weil sie traditionell - und im Einklang mit Ihrer eigenen persönlichen Überzeugung, lieber Herr LÜST - Wissenschaftlern Freiräume schafft, Ideen zu verfolgen, und so beste Bedingungen für kreative Entfaltung herstellt.
Zuletzt waren Sie zehn Jahre lang, von 1989 bis 1999, Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung. Traditionsgemäß ist der Präsident der Humboldtianer ein international angesehener führender Wissenschaftler. WERNER HEISENBERG war der erste Nachkriegspräsident, und WOLFGANG PAUL war Ihr unmittelbarar Vorgänger. Wie diese wurden auch Sie anschließend Ehrenpräsident. Als Humboldtianer konnten Sie einem Anliegen dienen, das Ihnen schon seit der Anfangszeit Ihrer wissenschaftlichen Karriere besonders am Herzen lag: Der internationalen Verflechtung der Wissenschaft und dem Austausch von Personen und Gedanken über Grenzen hinweg. Wir wissen alle, wie sehr gerade dies dazu angetan ist, die Standards zu heben und hochzuhalten. Wie Sie es selbst formulierten, sind Auswahl der Besten und individuelle Förderung, der lebenslange persönliche Kontakten folgen, die obersten Prinzipien der Alexander von Humboldt Stiftung. Man hat es Ihnen dabei nicht immer leicht gemacht. Durch politische Entscheidungen wie die Schließung von Goethe-Instituten beispielsweise wurden Wege zerstört, die in der Vergangenheit junge Wissenschaftler nach Deutschland gebracht hatten. Doch Sie blieben ein unermüdlicher Kämpfer für die Sache.
Einiges Persönliches möge zum Schluß erwähnt werden. Sie wurden 1923 als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Wuppertal-Barmen geboren, sind selbst als Ingenieur-Offizier eines U-Boots zur See gefahren, kamen 1943 in amerikanische Gefangenschaft nach Texas, und wurden dort mehr als 50 Jahre später Ehrenbürger. Sie sind Officier de l'Ordre National de la Légion d'Honneur und Träger des Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Zahlreiche weitere Ehrungen können hier nicht eingehend erwähnt werden. Ich freue mich, Ihnen heute mit der Überreichung der Joachim Jungius-Medaille die hohe Wertschätzung auch unserer Gesellschaft zum Ausdruck bringen zu können.

Danksagung

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