Würdigung und Danksagung
Auf Vorschlag der Joachim Jungius-Gesellschaft
der Wissenschaften verleiht die
DR. HELMUT UND HANNELORE GREVE STIFTUNG
FÜR WISSENSCHAFTEN UND KULTUR
den Förderpreis an
Frau Dr.-Ing. Katrin Ellermann
Arbeitsbereich Mechanik und Meerestechnik,
Technische Universität Hamburg-Harburg
Meerestechnische Systeme, wie Offshore-Plattformen oder Schwimmkrane, sind ständig wechselnden Umweltbelastungen durch Strömung, Seegang und Wind ausgesetzt. Damit ein sicherer Betrieb und Risiken für Mensch und technische Systeme bewertet und Einsatzgrenzen festgelegt werden können, bedarf es genauer Prognosen. Mit ihrer Dissertation ist es Frau Ellermann gelungen, durch eine Kombination von analytischen und numerischen Verfahren die sehr komplizierten technischen Zusammenhänge, die bei meerestechnischen Systemen berücksichtigt werden müssen, klar herauszuarbeiten. Sie hat damit eine bisher nicht erreichte Präzision in der Vorhersage solch komplexer dynamischer Systeme möglich gemacht.
Hamburg, am 21. November 2003
(Prof. Dr. Helmut Greve)
(Prof. Dr. h. c. Hannelore Greve)
Stiftungsvorstand
Danksagung von Dr.-Ing. Katrin Ellermann
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrtes
Ehepaar Greve, meine sehr geehrten Damen und Herren,
über die Auszeichnung meiner Arbeit mit dem Preis der Dr.
Helmut und Hannelore Greve Stiftung für Wissenschaften und
Kultur freue ich mich sehr. Für die damit verbundene ideelle
und materielle Förderung möchte ich mich bei dem Ehepaar
Greve und der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften
ganz herzlich bedanken. Darüber hinaus danke ich besonders
Professor Edwin Kreuzer, der mich bereits während meines
Studiums an Fragestellungen der Mechanik heranführte und
mich später durch meine Forschungsarbeit begleitete. Auch
für die zahlreichen wertvollen Hinweise und Anregungen von
meinen Kollegen aus dem Arbeitsbereich Mechanik und Meerestechnik
bin ich sehr dankbar. Durch meine Familie erfuhr ich immer Unterstützung
und Rückhalt, was keineswegs selbstverständlich war
und maßgeblich zum Gelingen meiner Arbeit beitrug. Hierfür
möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Die hier ausgezeichnete Arbeit befaßt sich mit der Verzweigungsanalyse
meerestechnischer Systeme. Meere, Seen und Flüsse stellen
seit Menschen gedenken einen Teil ihres Lebensumfeldes dar. Einerseits
dienten sie als Transportwege, auf denen wertvolle Güter
lange vor der Erfindung von Auto und Eisenbahn über weite
Strecken transportiert werden konnten, andererseits bot und bietet
ihr Reichtum vielerorts die Nahrungsgrundlage, und auch die Gewinnung
von Rohstoffen aus dem Meer gewann über die Jahre immer mehr
an Bedeutung. Dieses Umfeld war aber auch immer ein gefährliches
Umfeld: Durch Unwetter und Seegang kam - und kommt es bis heute
- immer wieder zu Unfällen, bei denen nicht nur Schiffe zu
Schaden kommen oder Ladung verloren geht, auch die Umwelt wird
belastet und vielfach geraten Menschenleben in Gefahr.
Über die Jahre und Jahrhunderte entstanden viele Techniken
und Hilfsmittel, die die Arbeit auch bei ungünstigen Wetterbedingungen
heutzutage sicherer machen. Dennoch bleibt die Gefahr, daß
man die Grenzen der Technik falsch einschätzt, sich blind
auf die Sicherheit verläßt. Die Bewegungen von meerestechnischen
Systemen wie Bojen, Schiffen oder Halbtauchern in Wellen zeigen
häufig ein sehr kompliziertes Verhalten. In den meisten Fällen
ändern sich die Schwingungen derartiger Systeme bei einer
Veränderung der Umgebungsbedingungen zwar nur wenig und können
als unkritisch angenommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen
kann jedoch schon eine minimale Veränderung eines oder mehrerer
Parameter, etwa der Wellenhöhe oder der Eigenschaften des
schwimmenden Körpers, ein komplett verändertes Bewegungsverhalten
bewirken. Dieser Vorgang, der in der Mathematik als "Verzweigung"
bezeichnet wird, kann in der Praxis mit sprunghaft veränderten
Bewegungsamplituden und der Gefahr von Kollisionen oder auch dem
Kentern von Schiffen einher gehen.
In meiner Arbeit habe ich mich mit der Bestimmung von derartigen
kritischen Einsatzbedingungen beschäftigt. Die genaue Lage
von Verzweigungspunkten kann nur in Ausnahmefällen explizit
angegeben werden. Über Näherungsverfahren oder numerische
Berechnungen läßt sich jedoch deren Lage für einfache
Modelle recht genau bestimmen. Auch wenn meerestechnische Systeme
nur in wenigen Fällen mit derart einfachen Modellen ausreichend
beschrieben werden können, so bietet sich dennoch die Möglichkeit
eines iterativen Vorgehens: Die Ergebnisse der Analyse eines sehr
stark vereinfachten Modells dienen dabei als Grundlage und Ausgangspunkt
für die weitere Untersuchung, während das Modell schrittweise
verfeinert wird. Mit der Verfeinerung des Modells geht dabei die
Verbesserung der eingesetzten mathematischen Werkzeuge einher.
Die Untersuchungsmethode wurde exemplarisch für einen schwimmenden
Körper, genauer gesagt für das Modell eines Schwimmkranes,
entwickelt und getestet. Dieses Verfahren muß jedoch nicht
auf den Bereich der Meerestechnik oder der Mechanik beschränkt
bleiben. Ähnliche Phänomene sind bei vielen dynamischen
Systemen zu finden: Von mechanischen Schwingungen bei Fahrzeugen
oder Werkzeugen über elektrische Schwingkreise bis hin zu
chemischen oder biologischen Systemen. Mit einer entsprechend
angepaßten Vorgehensweise ließen sich somit auch andere
Systeme analysieren, verbessern und im Gebrauch besser einschätzen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.